Billige Energie in Form von Kohle, Erdöl und Erdgas ist seit dem 19. Jahrhundert der Katalysator für einen Entwicklungsschub, wie er in so kurzer Zeit in der Geschichte der Menschheit noch nie erfolgte – und der bis heute andauert. Die Produktivität ist förmlich explodiert, die Lebenserwartung stieg in Europa um mehrere Jahrzehnte, und global war die Armutsrate noch nie so tief wie heute (auch wenn sie in vielen Regionen der Erde immer noch zu hoch ist). Gleichzeitig führte das rasante Wachstum aber auch zu einer Überbeanspruchung der natürlichen Ressourcen unseres Planeten. Die Folgen sind die schwindende Biodiversität und die Klimaerwärmung, beides stellt unsere heutige Lebensgrundlage langfristig in Frage.
Emissionen aktiv reduzieren
Die Klimaerwärmung – und damit auch ein Teil der abnehmenden Biodiversität – ist auf die durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen zurückzuführen, vor allem in Form von CO2 und Methan. Mit dem Paris-Abkommen aus dem Jahr 2015, das die Klimaerwärmung begrenzen soll, haben sich zahlreiche Staaten inklusive der Schweiz das Ziel gesetzt, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Netto Null zu senken. Um dies zu erreichen, müssen wir sowohl die Energieeffizienz zahlreicher Prozesse unseres gesamten Lebens deutlich steigern als auch fossile Energieträger durch erneuerbare Energien ersetzen. Einige Emissionen werden indes kaum zu verhindern sein, etwa in der Landwirtschaft und anderen Bereichen; um diese zu kompensieren – und unterm Strich tatsächlich bei Netto-Null zu landen –, sind «Negativemissionstechnologien» (NET) unabdingbar, mit denen sich die Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre aktiv reduzieren lässt.
Klar ist: Netto Null bis 2050 benötigt gewaltige Anstrengungen, die weit über das hinausgehen, was die Schweiz oder auch andere Länder bis heute beschlossen und umgesetzt haben. Kommt dazu, dass Netto Null lediglich ein erster Schritt ist; in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts müssen wir weltweit eine negative CO2-Bilanz im Umfang von etwa 10-20 Milliarden Tonnen erzielen – pro Jahr! Der Grund dafür ist die Langlebigkeit von CO2 in der Atmosphäre. Während das viel potentere Treibhausgas Methan innert weniger Jahrzehnte vollständig abgebaut ist, wird einmal emittiertes CO2 auf natürlichem Weg erst im Verlauf von vielen Jahrhunderten wieder aus der Atmosphäre eliminiert. Folglich wird die Klimaerwärmung auch bei Netto Null nicht «über Nacht» haltmachen oder gar zurückgehen. Lassen wir die Temperaturen allerdings weiterhin auf einem deutlich erhöhten Niveau, dürfte es zu irreversiblen Veränderungen im Klimasystem der Erde mit kaum abschätzbare Konsequenzen kommen, etwa das Abschmelzen des Eisschildes von Grönland, was alleine einen Anstieg des Meeresspiegels um knapp sieben Meter zur Folge hätte.